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Maria Montessori und ihr angeblich „langer Schatten“

14.03.24  

Der Bundesverband Montessori Österreich bekennt sich seit seiner Gründung 1990 zu folgenden Zielen und Ansprüchen der Montessoripädagogik, die in Ausbildungskursen vermittelt und in unzähligen privaten und öffentlichen Bildungseinrichtungen gelebt werden:

- Im Zentrum steht das Kind als Person mit dem Anspruch auf Entfaltung seiner Potenziale

- Die Unterstützung der individuellen Entwicklung erfordert soziale Eingebundenheit - Jahrgangsmischung wird dafür als hilfreiches Organisationsprinzip gesehen

- Lernen wird als aktiver, selbstgesteuerter Prozess gesehen, der durch das Konzept der Freiarbeit in einer anregungsreichen Lernumgebung unterstützt wird.

- Respekt, Empathie, Achtung der Person in seiner Würde sind Grundhaltungen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

- Vielfalt wird als Chance gesehen, Inklusion in vielen Einrichtungen erfolgreich umgesetzt

- Demokratielernen, Verantwortung für Gemeinschaft und Umwelt sind zentrale Säulen der pädagogischen Arbeit in Montessori-Einrichtungen

Nun stellt die Erziehungswissenschafterin Sabine Seichter in einem neu erschienen Buch „Der lange Schatten Maria Montessoris“ auf der Basis eines bestimmten Forschungsinteresses Montessoris pädagogische Grundgedanken in Frage bzw. verortet die Person Montessori in einem rechten Eck, durchdrungen von Rassismus, Eugenik und problematischen Erziehungsmethoden. Hier einige Beispiele:

Montessori eine Anhängerin von Mussolini

Richtig! Montessori wurde von Mussolini umworben. Sie wollte die Gelegenheit, die italienische Schule nach ihrer Pädagogik zu gestalten, nicht ungenützt ziehen lassen. Das Zweckbündnis scheiterte an der Unvereinbarkeit der Vorstellungen vom Menschen und dessen Erziehung. In der Folge wurden alle Montessori-Einrichtungen in Italien geschlossen.

Nach dem Anschluss an Nazi-Deutschland erfuhren die Montessori-Einrichtungen in Österreich das gleiche Schicksal. Die Bücher Montessoris wurden verboten bzw. öffentlich verbrannt.

Das alles ist wissenschaftlich gewissenhaft aufgearbeitet und Interessierten nicht unbekannt.

Montessoris Bestreben galt der Höherentwicklung der europäisch-weißen Rasse

Richtig: Am Beginn des 20. Jahrhunderts referiert Montessori in ihrem Buch "Antropologia Pedagogica " den damals aktuellen Stand der Wissenschaft. Dieser stand unter dem Einfluss der heute nicht mehr akzeptablen Sichtweisen des Darwinismus. Ansätze einer biologistisch motivierten Auslese im Sinne einer Rassenhygiene lassen sich in den Originalversionen ihrer Texte nicht nachweisen.

Aus der Perspektive von uns Nachgeborenen ist Montessori vielleicht zu Recht vorzuwerfen, dass sie sich von fragwürdigen Tendenzen nicht dezidiert abgegrenzt hat.

Montessori-Pädagogik zielt auf leistungsstarke Arbeiter und gehorsame Befehlsempfänger ab

Richtig: Montessori sieht in der Hand das Werkzeug der Intelligenz. Ihre Materialien sind Hilfen für die Entwicklung der Geschicklichkeit und des damit verbundenen analytischen, sachbezogenen Denkens. Echtes Verständnis und nachhaltiges Lernen haben also die Grundlage in einem aktiven In-Beziehung-Treten mit der Sache. Damit führt die Arbeit mit den Materialien das Kind zur Erfahrung der Selbstwirksamkeit und zum schrittweisen Erlangen von Autonomie.

Nichts ist weiter davon entfernt als die im Buch behauptete Abrichtung zur gebrauchsfertigen Arbeitskraft!

Die Sicht auf das Kind ist das anthropologische Fundament jeder Pädagogik. Die positiv-optimistische Grundannahme vom Wesen des Menschen bestimmt und lenkt in der Montessori-Pädagogik den wertschätzenden und förderlichen Umgang mit jedem Kind.

Montessori-Pädagog*in sein, bedeutet nicht naive Glorifizierung der Person Montessori und ihrer Pädagogik. Der Nutzen und der Gewinn für das Kind liegen in der kritisch sachlichen Übertragung ihrer pädagogischen Einsichten und ihres didaktischen Wissens auf die aktuellen Erfordernisse in Familie, Kindergarten und Schule.

Montessori Österreich Bundesverband

Obfrau Waltraud Croce

Dr. Franz Hammerer

Dr. Willi Weinhäupl